Australische Pharmakologen synthetisierten mit Hilfe des Computers ein hochpotentes Grippe-Medikament  

 

In jedem Sommer bzw. Herbst wird auch in Deutschland über zahlreiche Medien zur Teilnahme an Grippeschutzimpfungen aufgerufen. Die besonderen Zielgruppen sind aufgrund ihrer großen Gefährdung alte Menschen, Diabetiker, Asthmatiker und andere chronisch Kranke.  Der angebotene Impfstoff besteht regelmäßig aus einem Gemisch jener Influenza A und B Stämme, die in den vorhergehenden Jahren epidemiologisch aktiv waren. Da für die Gewinnung des Impfstoffs nur die Erreger früherer Grippeepidemien zur Verfügung stehen, ist der medizinische Wert dieser Vorsorgemaßnahme zwangsläufig nur begrenzt.

 

In der Vergangenheit kam es in diesem Jahrhundert verschiedentlich zu Grippeepidemien, die die Abwehrmöglichkeiten des jeweiligen Gesundheitssystems überforderten. So zeigte sich beispielsweise 1957-58, daß von den über 65jährigen Infizierten 1 von 300 starb. Dies ist natürlich noch relativ wenig im Vergleich zu der großen Grippe-Pandemie von 1918-19, bei der weltweit zwischen 20 und 40 Millionen Opfer zu beklagen waren. Für die sachkundigen Epidemiologen steht daher fest, daß die Möglichkeit der Grippe-Schutzimpfung aus den genannten Gründen nur eine sehr unsicheren Schutz bietet - Grippeepidemien mit vielen Todesopfern sind daher auch in Zukunft denkbar  - vielleicht sogar wahrscheinlich.

Aufgrund der bisher wenig befridigenden Sachlage versuchen weltweit zahlreiche Forscher Impfstoffe zu entwickeln, die ihre Wirkung unabhängig vom jeweiligen Stamm der Gripperreger an jenen viralen Zellstrukturen zu entfalten, die bei allen Influenzastämmen gleich sind. Ein solches Element ist das Enzym Neuramidase (Sialidase)

Im Zusammenhang mit dieser biologisch aktiven Substanz ist es jetzt einer Arbeitsgruppe um Professor Mark von Itzstein vom Department of Pharmaceutical Chemistry der Monash University, Victoria, Australien, gelungen, mit Hilfe eines CAD-Programms (computer-assisted-design) zwei hochpo­tente  Arzneimittel zu synthetisieren, die nicht nur das Enzym Sialidase blockieren, sondern außerdem  die Vermehrung der Viren im Labor und im Tiermodell verhindern. Durch diese weltweit erstmalige, computergestützte Entwicklung von Arzneimitteln - die wie ein Schlüssel in ein kompliziertes Schloß passen - eröffnen sich  für die Zukunft bei der Synthese von Arzneimitteln völlig neue Möglichkeiten. Vorausetzung für diese vielversprechende Entwicklung war die 1982 erfolgte Entdeckung der molekularen Feinstruktur der beiden viralen Oberflächeneiweißkörper Haemagglutinin und Neuraminidase (Sialidase). 

Erst diese Detailkenntnisse machten es nämlich möglich, gezielt nach Substanzen zu suchen, die die biologische Aktivität dieser Eiweißkörper blockieren. Dies ist jetzt gelungen. Wieviel Zeit bis zur Markteinführung vergehen wird, ist derzeit allerdings aufgrund der in den meisten Ländern komplizierten Zulassungsbedingungen noch nicht abzuschätzen.

Quelle: Nature